Aufgrund meiner mehrjährigen Tätigkeit als Vorkontrolle für die verschiedensten Tierschutzorganisationen und den Erfahrungen einiger Adoptanten, gebe ich hier einige Tipps, die die Adoption erleichtern und die besten Voraussetzungen für ihr Gelingen darstellen.

 

WICHTIG: Grundsätzlich sollten Sie sich sicher sein, dass die Tierschutzorganisation berechtigt ist Tiere aus dem Ausland nach Deutschland einzuführen. Dafür muss der Verein über Mitglieder verfügen, die die Prüfung gemäß § 11 Tierschutzgesetz bestanden haben. Es sollte sich also in den Vereinsinformationen ein Hinweis darauf finden lassen - ungefähr so: "xxxxxxxxxx e. V. hat die Erlaubnis nach § 11 TSchG zum Handel mit Hunden."

 

Tiere, die bereits auf Pflegestellen in Deutschland sind, können in der Regel direkt vor Ort besucht und kennen gelernt werden. Viele Tierschutzorganisationen haben solche Pflegestellen und besonders Tierhalteanfänger sind besser beraten sich für solch ein Tier zu interessieren, da sie normalerweise - je nachdem wie lange sie sich schon dort aufhalten - besser eingeschätzt werden können, meistens schon stubenrein sind und gesundheitlich als unbedenklich gelten sollten.

Überraschungen wie Durchfall durch eine Giardieninfektion oder sonstige Irritationen können dadurch in der Regel schon einmal ausgeschlossen werden.

 

Diese relative Sicherheit besteht natürlich bei "Direktimporten" aus dem Ausland eher nicht. In solchen Fällen weise ich die Interessenten bei der Vorkontrolle immer darauf hin, dass sie ein "Ü-Ei" erwartet.

1. Vermittlungsanzeige

Sicher ist der erste Eindruck der Fellnase aufgrund von Fotos und / oder Videos erst einmal ausschlaggebend dafür, dass Interesse für eine Adoption entsteht.

 

Allerdings kommt es nicht nur auf die Optik an - auch die Charakterbeschreibung und evtl. Rassemerkmale bzw. Eigenschaften (besondere Anlagen, Verträglichkeit mit anderen Tieren und Kindern) sollten unbedingt beachtet werden.

Je ausführlicher die Beschreibung der Fellnase, desto weniger Überraschungen sind zu erwarten. Jedoch sollten die Einzelheiten der Beschreibung während der Vermittlungsgespräch noch einmal hinterfragt werden.

 

Beispiel für den Inhalt einer "guten" Beschreibung:

- Geschlecht

- kastriert oder nicht

- Alter

- Größe bzw. zu erwartende Größe

- Gewicht

- derzeitiger Aufenthaltsort - Land, Stadt - Tierheim (Shelter), Pflegestelle, Tötungsstation, ....

- wie lange bereits in der Obhut der vermittelnden Organisation

- Eigenschaften / Charakter:

  - aufgeschlossen, ängstlich, verspielt, aktiv, neugierig, zutraulich, ....

  - futterneidisch, verträglich mit anderen Hunden (Rüden / Hündinnen),
    kennt Katzen - verträglich oder nicht, ....

  - kennt und mag Kinder, geeignet für Kinder ab xx Jahren

  - Jagdtrieb vorhanden / nicht vorhanden / nicht bekannt

 

Guter Beispieltext Hunde-Welpe:

Der bezaubernde "Welpe" ist ein akitver Junghund, der altersgerecht noch total verspielt und extrem neugierig auf alles und jeden ist. Uns Menschen gegenüber ist er absolut zutraulich, ließ sich ohne Probleme anfassen und genoss unsere Aufmerksamkeit sehr.

Der kleine "Welpe" tollt die meiste Zeit ausgelassen mit seinen Artgenossen im Zwinger herum und ist absolut verträglich mit ihnen. Er zeigt überhaupt keinen Futterneid und wäre ohne Weiteres zu anderen Hunden vermittelbar. Katzen kennt der aktive Hundebub jedoch noch nicht. Aufgrund seines jungen Alters könnte er allerdings noch recht gut an Katzen gewöhnt werden.

Nun wäre "Welpe" bereit für sein erstes eigenes Zuhause bei aktiven Menschen, gerne mit Kindern, die mit ihm die große, weite Welt erforschen wollen, ihm auch das Hunde-1x1 beibringen und all die schönen Seiten eines Hundelebens näherbringen möchten.

 

Guter Beispieltext erwachsener Rüde:

"Rüde" ist ein imposanter Kerl, der gern erst einmal jeden anbellt, der sich ihm nähert. Lässt man sich durch diesen Bluff nicht verschrecken, wird man von "Rüde" freundlich begrüßt und er verhält sich eher unterwürfig. Er lässt sich streicheln und genießt es auch. Er gibt sogar Pfote, wenn er weiter gekrault werden möchte.

Mit den anderen Hunden im Zwinger kommt er gut zurecht. "Rüde" ist lebhaft, aber überhaupt nicht futterneidisch. Katzen kennt "Rüde" jedoch noch nicht.

Nun sucht dieser wunderschöne Kerl nur noch ein passendes Zuhause bei liebevollen und aktiven Menschen, die ihm endlich einmal die große, weite Welt mit all den schönen Seiten näherbringen.

"Rüde" ist jedoch etwas sprunghaft und sollte nur zu erfahrenen Menschen mit standhaften Kindern vermittelt werden.

 

Guter Beispieltext unsicherer Hund:

"Hund" ist ein noch etwas unsicherer Rüde, der sich zwar anfassen lässt, das aber gar nicht so gut findet. Er ist unsicher und traut uns noch nicht. Daher knurrt er immer ab und an, geht aber nicht nach vorne. Er braucht Ruhe und Zeit, um Vertrauen aufzubauen. Daher sucht der total hübsche Rüde sehr erfahrene Hände, die ihm den Weg zeigen können ...

Auch würde er lieber Einzelhund sein. Er kommt zwar mit den anderen zurecht, ist aber für kleine Streitigkeiten zu haben. Katzen kennt "Hund" jedoch noch nicht.

Wir werden sein Verhalten auf alle Fälle beobachten und schauen, wie er sich so entwickelt.

 

Die hier genannten Beispiel-Beschreibungen zeugen von einem "guten" Verein, dem es wichtig ist, die Fellnasen in die "richtigen Hände" zu vermitteln - es also sowohl für die Fellnase als auch die Adoptanten passt.

2. Vermittlungsablauf

Optimalerweise ist auf der Webseite der Tierschutzorganisation eine Beschreibung des gesamten Vermittlungsablaufes zu finden - ungefähr so:

"Nachfolgend sind alle wichtigen Informationen zum Vermittlungsablauf zusammengefasst, die hoffentlich alle Ihre Fragen beantworten. Bei weiteren Rückfragen können Sie uns natürlich gerne kontaktieren.

1. Bitte teilen Sie uns mit, welches Tier Sie interessiert.

2. Bitte füllen Sie unseren Fragebogen aus, damit wir ein wenig mehr über Sie erfahren. Mit Hilfe dieses Bogens können wir besser beurteilen, ob das ausgewählte Tier zu Ihnen passt.

3. Wenn wir dann davon überzeugt sind, Sie könnten die "Richtigen" für diese Fellnase sein, organisieren wir eine Vorkontrolle bei Ihnen zu Hause. Dieser Besuch dient dazu, die Menschen und deren Umfeld persönlich kennenzulernen um feststellen zu können, ob es das richtige Zuhause für unseren Schützling ist.

4. Nach positiver Vorkontrolle senden wir Ihnen den Schutzvertrag und die Zahlungsinformation per Email zu und das Tier wird fest für Sie reserviert.

5. Dann planen wir den Transport des Tieres. Die Transporte aus xxxx starten immer freitags und kommen samstags in Deutschland an. In der Regel dauert es bis zu xx Tage, bis Ihr Tier ausreisen kann.

6. Die Schutzgebühr gliedert sich wie folgt: Hund kastriert: x€, Welpe / Hund unkastriert: x€, mediz. Notfälle  / Oldies (ab x Jahre) / Handicap Hunde: x€, ............. --> Hier sollte auch ein Hinweis darauf erfolgen, was durch die Schutzgebühr alles abgedeckt ist (Impfungen, Entwurmungen, .....).

7. Sie erhalten von uns eine Einladung in unsere Facebook- / WhatsApp-Gruppe, in der unsere Adoptanten Fotos von ihren Tieren einstellen und sich mit anderen Tierfreunden austauschen können. Hier finden Sie auch hilfreiche Tipps und Ratschläge."

 

Es sollten keine Hinweise auf die gesundheitlichen Aspekte fehlen - wie etwa Tests auf die sogenannten "Mittelmeerkrankheiten" (sofern es sich um ein Tier aus diesen Regionen handelt).

Für die Einfuhr aus einem Land der EU müssen folgende Punkte beachtet / berücksichtigt werden:

  • Nach­weis eines gültigen Toll­wut-Impf­schutzes. Die Erst-Impfung muss mindestens 21 Tage vor dem Grenz­über­tritt erfolgt sein.
  • Jung­tiere müssen mindestens 15 Wochen alt sein.
  • Mikrochip, der dem ISO-Stan­dard 11784 entspricht und mit Lesegeräten nach ISO-Norm 11785 lesbar ist.
  • EU-Heimtier­ausweis oder dem EU-Stan­dard entsprechender Ausweis, in dem die Begleit­person als Besitzer steht und die im Mikrochip hinterlegte Nummer des Tieres einge­tragen ist. Auch Datum und Gültig­keits­dauer der Toll­wut­impfung müssen vermerkt sein. Den Ausweis stellen die nach jeweiligem Landes­recht dazu befugte Tier­ärzte aus.

Bei einer guten Vermittlung spielen die sogenannten Traces eine große Rolle: "TRACES (TRAde Control and Expert System) ist ein am 1. April 2004 von der Europäischen Union (EU) eingeführtes Datenbank- system, mit dem der gesamte Tierverkehr innerhalb der EU sowie aus der und in die EU erfasst wird."

Jede verantwortungsvolle und seriöse Tierschutzorganisation arbeitet mit diesem System, sodass die Vermittlungen absolut transparent und legal abgewickelt werden.

 

3. Interessentenfragebogen

Dieser Fragebogen stellt eine wichtige Grundlage für die Vermittlung eines Tieres dar. Er sollte von jedem Interessenten so genau und ehrlich wie möglich ausgefüllt werden. Spätestens bei der Vorkontrolle würden unwahr gemachte Angaben auffallen und die Chance das Tier vermittelt zu bekommen, sinkt rapide. Außerdem besteht auch die Möglichkeit, dass die Interessenten in sogenannte "schwarze Listen" aufgenommen werden und auch von keiner anderen Tierschutzorganisation jemals mehr ein Tier vermittelt bekommen.

Allerdings sollten Interessenten darauf achten, dass ein entsprechender Datenschutzhinweis sie vor dem unbefugten verbreiten ihrer persönlichen Daten schützt. Wichtiger Teil hierbei: "........ Die Angabe der persönlichen Daten ist freiwillig aber für eine Adoption eines Tieres erforderlich. Der xxxxxxx e.V. stellt sicher, dass die Daten ausschließlich dem Übermittlungszweck gemäß verwendet werden."

 

4. Vermittlungskontakt

Aufgrund positiver Interpretation des Inhaltes des Interessentenfragebogens wird sich die Tierschutzorganisation normalerweise telefonisch mit den Interesssenten in Verbindung setzen und ausführliche Gespräche führen. Dabei sollten die Interessenten alle Fragen, die sie beschäftigen stellen und darauf bestehen sie beantwortet zu bekommen. Werden nur ausweichende Antworten gegeben oder etwa gar nicht geantwortet, sollten die Interessenten überdenken ob sie bei dieser Tierschutzorganisation richtig aufgehoben sind. Andererseits sollten die Interessenten auch hier im Gespräch strikt bei der Wahrheit bleiben.

5. Vorkontrolle

Auch das ist ein wichtiger Teil der Vermittlung. Sobald die Tierschutzorganisation zum Eindruck gelangt ist, dass diese Interessenten absolut für die Adoption in Frage kommen, werden sie und ihr Umfeld nach entsprechender Information noch persönlich in Augenschein genommen. Dabei werden die Angaben im Interessentenfragebogen überprüft und weitere Informationen eingeholt. Es wird auf Gefahrenpotential hingewiesen und auf Besonderheiten von Tierschutztieren eingegangen. Die Interessenten sollten sich auf 1 - 2 Stunden für diese Vorkontrolle einstellen. Anschließend erfolgt ein Bericht an die Tierschutzorganisation und eine Empfehlung ob die Vermittlung erfolgen sollte oder nicht.

 

ACHTUNG wenn keine Vorkontrolle stattfindet! Dies ist ein Hinweis darauf, dass es der Organisation nur um "Vermittlung um jeden Preis" geht und sie nicht wirklich Interesse daran hat, das Tier in eine passende, gute neue Umgebung / Familie zu vermitteln.

 

 

6. Entscheidung und weiterer Ablauf

Die Entscheidung, ob die Fellnase an die Interessenten vermittelt wird oder nicht, trifft einzig und allein die Tierschutzorganisation selbst. Der weitere Ablauf besteht in der Regel aus Übersendung des Schutzvertrages und der Zahlungsinformationen, danach wird das Tier "ausreisefertig" gemacht und der Termin / Treffpunkt für den Transport / die Übergabe festgelegt.

 

Mein persönlicher Rat: lassen Sie sich NICHT auf Unterzeichnung des Schutzvertrages (ohne ihn vorher gelesen haben zu können) und die Barzahlung der Schutzgebühr bei Übergabe des Tieres ein. Normalerweise sind diese Übergaben durch Zeitdruck geprägt und die Adoptanten sind sehr aufgeregt. Sie sollten wirklich wissen was Sie da unterschreiben und einen nachweisbaren Bankbeleg haben.

 

 

7. Nach der Adoption

Viele Organisationen bieten nach der Adoption Gruppen in sozialen Medien (z. B. Facebook) oder Chat-Gruppen (z. B. WhatsApp) an, die den Adoptanten die Möglichkeit geben sich mit anderen Adoptanten auszutauschen, Fragen zu stellen, aktuelle Fotos der Fellnasen zu posten und die Entwicklung im neuen Zuhause darzustellen. Diese Organisationen haben großes Interesse daran zu erfahren wie es ihren ehemaligen Schützlingen ergeht, was ich als äußerst positiv werte.

 

Gut arbeitende Tierschutzorganisationen schicken nach angemessener Zeit (selten unangekündigt)  eine sogenannte Nachkontrolle, die überprüft ob die Fellnase bei den Adoptanten wirklich gut aufgehoben ist und bei evtl. Problemen Beratung / Hilfestellung anbieten.

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© Marion Henneberg